Unsere GESCHICHTE

H. Ottens GmbH & Co. KG  -  Horstia-Wolle  -  Wie alles begann!

Zunächst einmal sei zu erwähnen, dass sich der Name Horstia ableitet aus dem Namen des Ortes Horst, wo auch heute noch unsere Fabrik ihren Sitz und Produktionsstandort hat.

 

Vor über 140 Jahren war der größte Teil der Horster Bevölkerung im Sommer in der  Landwirtschaft tätig und im Winter beschäftigte man sich mit dem Handverspinnen der Schafwolle und dem Verstricken des Garnes. Es ist uns bekannt, dass in anderen Ortschaften ähnliche geschlossene Gewerbezweige bestanden. So waren beispielsweise der Nachbarort Elmshorn eine Leder produzierende Stadt und Barmstedt ein Schusterort. Es wird berichtet, dass eine ganze Anzahl von Händlern loszog, um in Hamburg und Umgebung die Ware abzusetzen. Die Männer trugen ihre Wolle in blauen Leinensäcken auf dem Rücken, die Frauen in blaukarierten Tüchern. Man nannte sie scherzend "die Wollmäuse von Horst".

Da auf beste Qualität großen Wert gelegt wurde, erfreute sich die Horster Wolle über einen sehr guten Ruf. Schon bald wurde das Spinnen maschinell betrieben und die Chronik erzählt, dass es in Horst 11 kleine Spinnereien gab. Unter ihnen befand sich diejenige von Hermann Ottens. Während alle anderen im Laufe ihre Tätigkeit einstellten, blieb diese bestehen.

 

Firmengeschichte oder: Weil Hermann nicht Soldat werden wollte.....!      

                 

Hermann Ottens wurde geboren am 24. Januar 1828 als Sohn der aus Lutzhorn stammenden und 1823 nach Horst übergesiedelten Eheleute Hermann und Gesche Ottens. In der Horster Dorfschule erwarb er sich besonders im Rechnen gute Kenntnisse. Nach der Schulentlassung versuchte er sich kurze Zeit in der Stellmacher- und auch in der Uhrmacherlehre. Aber die Räder, mit denen er es da zu tun bekam, waren, wie er später scherzhaft meinte, nicht die richtigen. Bald nach Ausbruch des Krieges 1848 wurde er eingezogen und hat als Dragoner den Feldzug bis zum Ende mitgemacht. Nach Friedens-Schluss musste er im dänischen Heer weiter dienen, bis seine Mutter, eine energische Frau, die mit Wollgarn handelte und in Lohn Handschuhe und Strümpfe stricken ließ, ihn 1853 freikaufte. Darauf beschäftigte er sich zunächst mit Arbeiten auf dem Horster Moor. Der Vater war mit dieser Beschäftigung gar nicht einverstanden und stellte ihn vor die Wahl: Entweder dienen oder Handel treiben. Hermann Ottens wählte das Letztere und begann 1856 einen Handel mit Wollgarn. Zu dem schon selbst verdienten Geld lieh sein Schwager ihm 700 Goldmark, damit er sich Maschinen kaufen und eine eigene Spinnerei gründen konnte. Diese ersten Maschinen, in Uetersen erworben, waren ganz einfacher Art und wurden mit der Hand gedreht. Sie wurden aufgestellt in einem Anbau am elterlichen Wohnhaus und am 09. Oktober 1864 in Betrieb gesetzt.

 

Ein kleiner Anfang

Durch außerordentlichen Fleiß und Sparsamkeit hat Hermann Ottens sein Geschäft weiter entwickelt. Im Jahre 1872 wurde auf dem heutigen Grundstück der Firma H. Ottens GmbH & Co. KG, ein kleines Fabrikgebäude errichtet und die Spinnerei nunmehr mit Dampfkraft betrieben. Mit Hilfe seiner Schwester Catharina und seines Schwagers Büldt hat Hermann Ottens ständig am Ausbau des Geschäftes gearbeitet. Er und seine Schwester besuchten abwechselnd die Kundschaft in Schleswig-Holstein und Hamburg. Sie sahen ihre Ehre darin, dieser nur gute Ware in Form von "Horstia-Wolle" zu verkaufen. So konnte sich die Spinnerei nach und nach soweit vergrößern, dass zwei Satz Krempel und fünf Spinnmaschinen in Bewegung waren. Im Jahre 1878 wurde ein Selfaktor, eine Wagenspinnmaschine, gekauft, die man aber vorerst nicht aufstellte.

 

Am 22. September 1882 kam August Koch aus Rehna in Mecklenburg zugereist, um sich besonders die Fabrikation von Wollgarn hier anzueignen. Er entstammte aus einer Tuchmacherfamilie und trat zunächst als Geselle in die Fabrik ein. Nachdem er am 28. Februar 1884 Anna Büldt, die Tochter von Johann Büldt, geheiratet hatte, wurde er auch zu allen kaufmännischen Arbeiten herangezogen. Jetzt stellte man den Selfaktor auf, wodurch die fünf kleinen Spinnmaschinen entbehrlich wurden. Weil um die Jahrhundertwende allgemein die Ansprüche stiegen und man nunmehr gleichmäßigere, glatte Garne verlangte, wurde die Fabrikation von Kammgarnen aufgenommen. Dieses war ein bedeutsamer Schritt vorwärts. Es wurde in Hamburg ein Satz englischer Maschinen erworben, die ein englischer Monteur aufstellte. 

 

 

Hermann Ottens, der inzwischen fast 60 Jahre alt geworden war und dem besonders das Reisen nicht mehr behagte, forderte August Koch auf, sich nach einer kaufmännischen Kraft umzusehen. Dieser lud Peter Struve, der sich bei seinem Schwager in Rhena (Mecklenburg) als Textilkaufmann betätigte ein, in das Geschäft einzutreten. Peter Struve, in Hademarschen geboren, Sohn eines Bauern, ist am 2. Januar 1888 in Horst angekommen. Er heiratete am 24. August 1888 die zweite Tochter von Johann Büldt, Maria. Am 1. Oktober 1888 übernahmen beide Schwager Koch und Struve das Geschäft auf eigene Rechnung.

Nun beginnt ein kräftiges Aufblühen. Beide Inhaber ergänzten sich in vorzüglicher Weise. Das Hauptinteresse von August Koch lag auf der technischen Seite. Nebenbei gesagt war er der erste Horster, der mit dem Motorrad und dann mit dem Auto "dahinsauste". Er hatte seine Freude daran, die maschinelle Einrichtung der Fabrik immer mehr zu verbessern. 1890 wurde ein größerer Anbau errichtet und ein zweiter Selfaktor aufgestellt. Ebenfalls in der Kammgarnspinnerei ging es mit der Horstia-Wolle jetzt erfreulich vorwärts. Peter Struve brachte seine kaufmännische Tüchtigkeit mit in die Firma. Er besorgte auch das Reisen und war bei der Kundschaft sehr beliebt. Der Auftragseingang war so groß, dass in den nächsten Jahren die Spinnerei mehrfach erweitert werden musste. Im Jahre 1899 entstand eine eigene Färberei. 1902 wurde die Firma unter H. Ottens & Co. in das Handelsregister eingetragen. Hermann Ottens starb 1913.

 

Die nächste Generation

Nach dem ersten Weltkrieg, am 1. April 1919, trat mit August Koch (gestorben 1930) und Peter Struve (gestorben 1933) die zweite Generation zurück. Aus dem Kriege zurückgekehrt, übernahm an diesem Tage Heinrich und Hermann Koch, die Söhne von August Koch, und Martin Piening, der Schwiegersohn von Peter Struve, die Leitung.

Heinrich Koch hatte sich als Techniker zu Hause und auf der Textilfachschule in Aachen ausgebildet, Hermann Koch als Textil-Kaufmann in Lübeck und Frankfurt und Martin Piening hatte das Bankfach in Elmshorn und Hamburg erlernt. Alle drei waren bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges einige Jahre in der Firma tätig gewesen.

 

Der Betrieb, der während des Krieges still gestanden hatte und dessen Maschinen inzwischen auch teilweise veraltet waren, wurde nun unter der Initiative der neuen Generation wieder in Gang gesetzt. Es musste fast von vorn angefangen werden. Nach der Inflation konnte der Betrieb bald wieder auf Friedensproduktion umgestellt werden. Es wurden neue Maschinen in Chemnitz gekauft. 1929 entstand die neue Wasseranlage mit dem heutigen Wasserturm, später ein neuer Fabrikschornstein. Wegen Arbeitskräftemangel wurde die Abteilung Strickerei nach Elmshorn in ein neu errichtetes Gebäude verlegt. Man erweiterte die Spinnerrei in Horst wesentlich, baute neue Gebäude und Lagerräume und erstellte eine Cotton-Wirkerei zur Anfertigung von kunstseidenen, Kaschmir- und plattierten Damenstrümpfen. Das Strumpfgeschäft blühte so auf, dass selbst in der Eifel, in Thüringen und Neumünster Lohnbetriebe beschäftigt wurden. Auch an einer Spinnerreigründung in Dänemark waren die Herren beteiligt.

 

Wurden vor dem Kriege fast nur Strumpfgarne in schwarz, graumeliert und lederfarbig verlangt, so fragte man jetzt, infolge einer neuen Moderichtung, nach buntfarbigen Wollen für Jacken und Pullover, den sogenannten "Horstia-Sportwollen". Es wurde daher erforderlich, eine Buntfärberei einzurichten. An Stelle der bisherigen Holzapparate wurden nunmehr V4 A-Stahlapparate verwendet. Durch die Tüchtigkeit der drei Herren erweiterte sich das Geschäft abermals beträchtlich. Es wurden jetzt regelmäßig Preislisten versandt und in vielen Bezirken Deutschlands Vertreter engagiert.

Doch von Rückschlägen blieb die Firma auch nicht verschont. Durch die sächsische Überproduktion in Seidenstrümpfen kam die Wirkereiabteilung für einige Jahre zum Erliegen. Nach 1933 wurde durch die neue Volkswirtschaft der Import von Wolle aus Übersee beschränkt. Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges wurden verschiedene Gefolgschaftsmitglieder sowie auch Hermann Koch zum Wehrdienst eingezogen. Völlig überraschend starb im Jahre 1941 Martin Piening an einem Herzschlag. In zwei Kriegsjahren lag die Verantwortung allein in den Händen von Heinrich Koch.

 

Beschlagnahmungen und Besetzungen

Wenn auch der Betrieb von Zerstörungen verschont blieb, so wurden nach dem Kriege das Betriebsgelände und die Privathäuser vom englischen Militär besetzt und das Rohmaterial größtenteils beschlagnahmt. Nachdem sich die Lage etwas beruhigt hatte und der Sohn von Hermann Koch, Gerd Koch, zurückgekehrt war, wurde versucht die Produktionserlaubnis wieder zu erhalten. Dies gelang schon nach kurzer Zeit, und da auch seitens der Kundschaft Bezugsscheine gebracht wurden, konnte die Fabrikation aufgenommen werden. Die Räume dafür waren freigeblieben. Hinzu kam, dass Lohnaufträge von früheren Geschäftsfreunden aus England übernommen werden konnten, die für die Belegschaftsmitglieder sogar Lebens- mittel einbrachten. Dank der Zusammenarbeit mit dem Verein Deutscher Kammgarnspinner und der besonderen Umsicht des Hermann Koch erhielt die Firma (mit als erste in Deutschland) einen Stock Rohmaterial, so dass sofort nach der Währungsreform wieder Wollgarn geliefert werden konnte. Da die Bevölkerung in Deutschland Strickwolle kaum mehr kannte, entstand jetzt erheblicher Nachholbedarf. Täglich wurde die Firma von einer großen Anzahl Kunden besucht, die schnellstmöglichst die Ware weitergeben wollten. Seitdem konnten wieder alle Spindeln in Betrieb gesetzt werden. 

In dieser Zeit kam der Sohn von Martin Piening, Karl-Heinz Piening, aus der Gefangenschaft zurück. Im Jahre 1950 heiratete Klaus Thormählen, Sohn eines Textilkaufmannes aus Elmshorn, die Tochter von Hermann Koch. Am 1. Januar 1955 wurden Gerd Koch, Karl- Heinz Piening und Klaus Thormählen Mitinhaber. Mit frischem Elan und in guter Zusammenarbeit mit den beiden Senioren ging der weitere Ausbau voran. Es wurden ein dreistöckiges Spinnereigebäude errichtet, modernste Maschinen angeschafft, ein neues Färbereigebäude errichtet, die Kesselanlage auf Ölfeuerrung umgestellt und das Büro erweitert und modernisiert.

 

Anlässlich des 90jährigen Bestehens, am 9. Oktober 1954 erhielt Heinrich Koch auf Grund seiner Tätigkeit in der Firma und sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeiten das Bundesverdienstkreuz.

 

Wenn auch die Firma H. Ottens GmbH & Co. KG in diesen und den darauffolgenden Friedensjahren gut beschäftigt werden konnte, so gab es doch stets auch Schwierigkeiten zu überwinden. In der Koreakrise stiegen die Rohwollpreise ins Unermessliche. durch den Zusammenschluss der westeuropäischen Länder zur EWG hatte die deutsche Kammgarnindustrie gegen verbilligte Importe, besonders in Maschinenstrickgarn aus Frankreich und billige Ware aus Japan zu bestehen. Die Ganzen Jahre hindurch musste die Firma, wie andere Betriebe auch, den Lastenausgleich aufbringen. Ständig müssen Arbeits- und Lohnprobleme zu allseitiger Zufriedenheit gelöst werden.

 

Aufschwung durch den Strickboom der 80ziger

Der Strickboom in den 80ziger Jahren brachte einen erneuten, Aufschwung. Im Laufe der Zeit wurde allerdings die Anzahl der einst begeisterten Strickerrinnen immer geringer.Viele Handarbeitsgeschäfte mussten schließen und wurden somit zum Opfer einer immer schnelllebigeren, billig konsumierenden "Wegwerfgesellschaft".  Für den Betrieb bedeutet dies, das die Nachfrage immer geringer wurde und die Produktionsmengen entsprechend angepasst werden mussten. Mitarbeiter, die in dieser Zeit in den verdienten Ruhestand gingen, mussten nicht mehr durch neue Mitarbeiter ersetzt werden, da die Arbeit von den verbliebenen miterledigt werden konnte. So wurden jahrelang die verbliebenen Handarbeitsläden und Weberreien mit der Horstia-Wolle bedient, wie auch die Kundschaft aus Übersee. In den USA erfreute sich die Horstia-Wolle großer Beliebtheit. Und die Horstia Lambswool durfte gar für einen Werbespot einer bekannten Eismarke in Form eines übergroßen, quietschbunten Pullovers herhalten.  

In jüngster Zeit zeigt sich erfreulicher Weise ein stetiger Trend zurück zu Qualität und Handarbeiten.

 

Schlusswort:

In der oben beschriebenen Entstehungsgeschichte der Firma wurde versucht, ihnen einen Einblick in 150 Jahre Bestehen der Kamm- und Streichgarnspinnerei H. Ottens GmbH & Co. KG zu vermitteln, auf die wir stolz zurückblicken.

Über den Rahmen dieser Ausführungen hinausgehend kann natürlich nicht alles geschildert werden, was sich im Laufe dieser Jahre an Fortschritt und an Rückschlägen, an frohen und an ernsten Stunden zugetragen hat. Die Firma H. Ottens GmbH & Co. KG nahm eine langsame und stete Entwicklung. Sie hat dadurch allen Schwierigkeiten zum Trotze auch in den Krisenjahren fortbestehen können. Sie konnte vielen Mitarbeitern für ihr ganzes Leben eine sichere Existenz geben und hat darüber hinaus bedeutende Mittel zum Nutzen der Gemeinde und des Landes aufgebracht. Was aber genauso wichtig ist und was auch in der Zukunft für das Fortbestehen der Firma von entscheidender Bedeutung sein mag, ist dass in den über 150 Jahres ein Kundenstamm geworben wurde, der in guten und in schlechten Zeiten zur Firma gestanden hat. Wir werden auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten unser Hauptaugenmerk darauf richten, dass unsere Kundschaft mit Horstia-Wolle stets beste Qualität zu fairen Preisen erhält. Es ist uns eine besondere Pflicht, unseren langjährigen Geschäftsfreunden unseren besonderen Dank für die langjährige Treue auszusprechen.